Leitsatz:

Auch das Anbringen einer bloßen Kamera-Attrappe im Hauseingang eines Mehrparteienhauses kann einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gefilmten darstellen.

Dies ist dann der Fall, wenn eine Beobachtung der Situation mithilfe einer echten Kamera durch Verdachtsmomente ernsthaft zu befürchten ist. Dieser sogenannte Überwachungsdruck kann zum Beispiel dann entstehen, wenn der Gefilmte nicht am äußeren Erscheinungsbild der Kamera erkennen kann, ob es sich um eine Attrappe oder ein funktionsfähiges Gerät handelt.
 
Gericht: : Landgericht Berlin, Urteil vom 14. August 2018
Aktenzeichen: 67 S 73/18 

 

Was war passiert?

Der Vermieter hatte eine Kamera-Attrappe im Hauseingang eines Mehrparteienhauses zum Schutz seines Eigentums angebracht. Dadurch fühlten sich Mieter beeinträchtigt.
 

Entscheidung:

Das Gericht entschied, dass der Vermieter die Kamera-Attrappe im Hauseingang entfernen muss.

Grundsätzlich besitzt der Vermieter ein im Grundgesetz verankertes Recht, geeignete und erforderliche Maßnahmen zum Schutz des Eigentums zu treffen, dies darf jedoch nicht in unverhältnismäßiger Weise in hochrangige Rechtsgüter unbeteiligter Dritter geschehen.
Im vorliegenden Fall stellt die Installation einer Kamera-Attrappe im Hauseingang allerdings einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gefilmten dar. Grund hierfür ist, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung dem Einzelnen das Recht einräumt, grundsätzlich selbst über die Verwendung und die Preisgabe persönlicher Daten zu entscheiden. Ein Eingriff dieses Recht liegt laut dem Gericht auch dann vor, wenn Dritte, also hier Mieter oder deren Besucher, eine Überwachung durch Kameras auf Grund von Verdachtsmomenten ernsthaft zu befürchten haben (sog. Überwachungsdruck).

Dieser Überwachungsdruck kann auch durch eine Kamera-Attrappe im Hauseingang hervorgerufen werden, nämlich dann, wenn für den Gefilmten nicht zu erkennen ist, ob es sich um eine funktionsfähige Kamera oder eine bloße Attrappe handelt. Durch den damit verbleibenden Überwachungsdruck ist das Anbringen einer Kamera-Attrappe im Hauseingang mit der Dauerüberwachung des Eingangsbereichs mit einer funktionierenden Kamera gleichzustellen.

Auch wurde der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht erfüllt, da als milderes, aber gleich effektives Mittel eine technische Veränderung der Haustür in Frage gekommen wäre.

Nach Auffassung des Gerichts wäre der Vermieter grundsätzlich nur dann berechtigt gewesen eine Kamera-Attrappe im Hauseingang anzubringen, wenn er die dauerhafte Gefahr hinreichend schwerwiegender nachteiliger Beschädigungen des Eigentums zu besorgen hätte, wobei beispielsweise leichtere Diebstähle oder Sachbeschädigungen nicht ausreichen.