Schlagwort: Videoüberwachung

Orientierungshilfe für Videoüberwachung

Orientierungshilfe für Videoüberwachung

In einer neuen Orientierungshilfe informiert die DSK über den Einsatz von Videoüberwachung:

 

Der Begriff der Videoüberwachung

Der Begriff der Videoüberwachung umfasst sowohl die Videobeobachtung, als auch die Aufzeichnung von Videoaufnahmen. Es kommt also nicht darauf an, dass die Aufnahmen tatsächlich angesehen werden. Auch  das sofortige Löschen bereits aufgezeichneter Sequenzen stellt eine Videoüberwachung dar.

 

Zulässigkeit von Videoüberwachungen

Die Zulässigkeit von Videoüberwachungen durch Privatpersonen und Unternehmen richtet sich in der Regel nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Das berechtigte Interesse im Rahmen der Interessenabwägung sollte gut dokumentiert werden. Als berechtigtes Interesse kommen grundsätzlich die Ausübung des Hausrechts, die Abwehr von unbefugtem Betreten, der Schutz vor Einbrüchen und Vandalismus, die Verhinderung von Betrug oder Leistungsmissbrauch in Betracht.

 

berechtigtes Interesse

Das berechtigte Interesse muss sich jedoch aus einer konkreten Gefahrenlage ergeben und darf nicht rein spekulativ sein. Die Aufsichtsbehörden fordern hier, dass etwaige Vorfälle, wie Beschädigungen, auch nachgewiesen werden müssen. Ein allgemeines Unsicherheitsgefühl oder allgemeine Statistiken zu Wohnungseinbrüchen sollen dagegen nicht ausreichen.

Dokumentieren Sie ihre Interessenabwägung am besten gleich im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten. Die Abwägung selbst sollte so konkret wie möglich auf den Einzelfall abstellen. Vermeiden Sie allgemeine oder abstrakte Erwägungen oder generelle Beschreibungen.

 

Überblick

Eher zulässige Videoüberwachung (eigene Interessen überwiegen):
- Überwachung entspricht den vernünftigen Erwartungen und ist typischerweise gesellschaftlich akzeptiert  (Bank, Tankstellen)

Eher unzulässige Videoüberwachung (Interessen der Betroffenen überwiegen:
- Überwachung entspricht nicht den vernünftigen Erwartungen und ist gesellschaftlich nicht akzeptiert  (Wald, Sport- oder Sanitärbereich)
- Beobachtungen, die die Intimsphäre von Betroffenen betreffen, etwa die Überwachung von Toiletten, Saunas, Duschen und Umkleidekabinen oder -bereichen
- lediglich der Schutz vor Bagatelldelikten
- Bereiche, in denen Menschen kommunizieren, essen und trinken, sich austauschen, erholen oder Sport treiben

 

Fallkonstellationen finden Sie in der Orientierungshilfe für Videoüberwachung

Die besonderen Fallkonstellationen finden Sie in der Orientierungshilfe für Videoüberwachung der Datenschutzkonferenz, ab S. 24., welche unter www.datenschutzkonferenzonline.de/media/oh/20200903_oh_vü_dsk.pdf abrufbar ist.

 

Rechtsanwalt Robert Harzewski

Kamera-Attrappe im Hauseingang

 

Leitsatz:

Auch das Anbringen einer bloßen Kamera-Attrappe im Hauseingang eines Mehrparteienhauses kann einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gefilmten darstellen.

CCTV Camera security operating in office building.

Videoüberwachung des Arbeitnehmers

Leitsatz:

Solange der Arbeitgeber eine vorsätzliche Pflichtverletzung eines Arbeitnehmers noch rechtlich ahnden kann, darf er die relevanten Aufnahmen aus einer zulässigen offenen Videoüberwachung des Arbeitnehmers aufbewahren. Die Speicherung der Sequenzen bleibt dabei solange erforderlich, wie der mit der Überwachung verfolgte Zweck besteht.
 
Gericht: : Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. August 2018
Aktenzeichen: 2 AZR 133/18

 

Was war passiert?

Eine Angestellte eines Tabak- und Zeitschriftenhandels wurde verdächtigt Geld für sich vereinnahmt zu haben. Zur Überprüfung dieses Vorwurfs installierte der Arbeitgeber im Februar 2016 offen eine Kamera in seinem Geschäft. Die Auswertung der Aufzeichnungen der Videoüberwachung des Arbeitnehmers erfolgte allerdings erst im August 2016. Die entsprechenden Aufnahmen belasteten die Angestellte eindeutig. Daraufhin wurde der Angestellten fristlos gekündigt, wogegen sie sich zur Wehr setzte.
 

Entscheidung:

Das Gericht entschied, dass trotz des langen Speicherungszeitraums zwischen der Aufnahme im Februar und der Auswertung der Aufnahmen im August, kein Verwertungsverbot für diese Aufnahmen besteht. Grundsätzlich kenne weder die Zivilprozessordnung, noch das Arbeitsgerichtsgesetz Bestimmungen, welche die Verwertbarkeit von rechtswidrig erlangten Beweismitteln einschränken. Ein verfassungsrechtliches Verwertungsgebot scheidet aus, da die Anfertigung und Speicherung der Videoaufnahmen nach dem BDSG-alt rechtmäßig war.

Ein verfassungsrechtliches Verwertungsgebot wäre nur dann anzunehmen, wenn dieses wegen einer grundrechtlich geschützten Position einer Prozesspartei zwingend geboten ist. Insoweit sind auch die Vorgaben aus dem BDSG-alt von Bedeutung. Diese regeln gerade, in welchem Umfang nichtöffentliche Stellen in die geschützten Rechtspositionen eingreifen können. War die betreffende Maßnahme nach den Vorschriften des BDSG-alt zulässig, liegt insoweit keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild vor.

Die Videoüberwachung des Arbeitnehmers und die anschließende Auswertung der Aufzeichnungen war nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz alt (§ 26 BDSG-neu) zulässig. Der Arbeitgeber darf daher grundsätzlich alle Daten speichern und verwenden, die er in einem potenziellen Rechtsstreit um die Wirksamkeit einer Kündigung benötigt.

Die Verarbeitung und Nutzung der Daten war zudem verhältnismäßig. Die Speicherung von Bildsequenzen, die geeignet sind, den mit einer rechtmäßigen Videoaufzeichnung verfolgten Zweck zu fördern, bleibt, grundsätzlich erforderlich, solange der mit der Überwachung verfolgte Zweck besteht. Wenn etwaige Kündigungsrechte noch nicht verwirkt und mögliche Schadensersatzansprüche noch nicht verjährt sind, dann bleibt die Speicherung der relevanten Sequenzen erforderlich.

Nur ausnahmsweise kann eine solche erforderliche Speicherung von solchen Teilen der Aufzeichnung unangemessen sein. Grundsätzlich ist der rechtmäßig gefilmte Vorsatztäter in Bezug auf die Aufdeckung und Verfolgung seiner noch verfolgbaren Tat nicht schutzwürdig. Er wird dies auch nicht durch bloßen Zeitablauf. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann nicht zu dem alleinigen Zweck in Anspruch genommen werden, sich vor dem Eintritt von Verfall, Verjährung oder Verwirkung der Verantwortung für vorsätzlich rechtswidriges Handeln zu entziehen