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Gruppenfotos bei Facebook

Gruppenfotos bei Facebook

Werden Gruppenfotos bei Facebook veröffentlicht, so sind dabei die Vorgaben aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einzuhalten. Diese gibt vor, unter welchen Voraussetzungen Fotos aufgenommen bzw. verwendet werden dürfen und wie die abgelichteten Personen zu informieren sind.

 

Berechtigtes Interesse

Da es oft an einer Einwilligung der betroffenen Personen fehlt, wird in der Regel das berechtigte Interesse des Verantwortlichen als Rechtsgrundlage herangezogen. Die Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Beteiligten stellt dabei regelmäßig eine größere Herausforderung dar. Neben den vernünftigen Erwartungen sollen auch die Wertungen aus § 23 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) in die Abwägungsentscheidung einbezogenen werden.

 

Keine Erforderlichkeit

Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 19.01.2021 - 11 LA 16/20) hat sich nun mit der Frage der Erforderlichkeit einer Verarbeitung im Rahmen der Abwägung auseinandergesetzt. Dabei sah es die Veröffentlichung eines Gruppenfotos bei Facebook als nicht erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO an. Erforderlich sei eine Verarbeitung nur, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann. Diese Auslegung ergibt sich unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 39 Satz 9 DSGVO. Im Gegensatz zu den weit auszulegenden „berechtigten Interessen“ sei der Begriff der Erforderlichkeit aber eng auszulegen. Damit reiche es nicht aus, dass die Verarbeitung zweckdienlich, bestmöglich effizient sei oder die wirtschaftlich sinnvollste Alternative darstelle.

 

Anonymisierung von Gruppenfotos bei Facebook

Die Veröffentlichung eines Gruppenfotos bei Facebook kann daher nach der Entscheidung des Gerichts in bestimmten Fällen nicht erforderlich sein. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Ziel der Verarbeitung durch anonymisierter Daten erreicht werden kann.

Im konkreten Fall wollte der Verantwortliche dokumentieren, dass sich eine größere Anzahl von Personen für eine Thematik interessiere. Dabei wurden neben ca. 30 bis 40 Personen auch ein Ehepaar frontal abgebildet. In diesem Fall reiche es aus, das streitgegenständliche Foto unter Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen, z.B. durch Verpixelung der Gesichter, zu verwenden. Dies sei auch nicht unverhältnismäßig, da eine Verpixelung mit Hilfe gängiger Bildbearbeitungssoftware ohne erheblichen Kosten- und Zeitaufwand umgesetzt werden könne.

 

Dokumentation der Interessensabwägung

Aufgrund der Entscheidung des Gerichts sollten bereits dokumentierte Interessenabwägungen noch einmal überprüft werden. Die entscheidende Frage ist, ob es für die Veröffentlichung des Bildes auf die darauf abgebildeten Personen ankommt. Bleibt der Aussagegehalt der Aufnahmen auch nach einer Verpixelung bzw. Unkenntlichmachung erhalten, so dürfte die entsprechende Bildveröffentlichung auch nicht erforderlich sein.

Die Dokumentation von Interessensabwägungen bereitet in der Praxis große Schwierigkeiten. Soll eine Verarbeitung aufgrund einer Interessenabwägung stattfinden, dann hat der Verantwortliche diese für den Einzelfall auch tatsächlich durchzuführen. Bei der Abwägung kommt es darauf an, dass die berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten diejenigen der betroffenen Person überwiegen.

 

Es empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge:

 

SchrittPrüfung Inhalt der Prüfung
1des Vorliegens eines berechtigten Interesses beim VerantwortlichenDas Interesse muss rechtmäßig sein (kein Verstoß gegen geltendes Recht),  hinreichend klar formuliert sein und gegenwärtig auch tatsächlich vorliegen.
2der ErforderlichkeitDie zugrundeliegende Verarbeitung muss zum Erreichen des Interesses erforderlich sein. Dies ist auszuschließen, wenn es ein Mittel gibt, das weniger stark in die Sphäre des Betroffenen eingreift.
3der GewichtungWeiterhin ist zu prüfen, ob die Grundrechte und Interessen des Betroffenen nicht überwiegen.
4des Vorgehens bei WiderspruchZuletzt sollte der Verantwortliche überlegen, auf welcher Rechtsgrundlage die Verarbeitung bei Widerspruch gestützt werden könnte.

 

Am Beispiel von Gruppenfotos hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht nun zur Erforderlichkeit einer Verarbeitung entschieden. Dazu stellte es fest, dass ein berechtigtes Interesse des Betroffenen überwiegen kann, wenn das mit Veröffentlichung verfolgte Ziel auch mit anonymisierten Daten erreichbar ist. Lesen Sie hierzu mehr in meinem Beitrag unter https://rechtsanwalt-harzewski.de/gruppenfotos-bei-facebook/.

 
Rechtsanwalt Robert Harzewski

Flucht vor Social Media

Flucht vor Social Media

Sicher haben Sie mitbekommen, dass sich der Landesbeauftragte für Datenschutz aus Baden-Württemberg seit dem 31. Januar von Twitter verabschiedet hat. Man könnte fast von einer Flucht vor Social Media-Anbietern sprechen. Um das dahinterliegende Problem zu verstehen, braucht es einen Rückblick zur bisherigen Facebook-Rechtsprechung.

Fanpage-Betreiber sollten zumindest zwei Urteile kennen:

1. Der EuGH hatte am 05.06.2018 entschieden, dass Betreiber einer Facebook-Fanpage neben Facebook als Mitverantwortliche zu betrachten sind.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 11.09.2019 entschieden, dass Aufsichtsbehörden auch gegen Fanpage-Betreiber vorgehen können, um diese zur Abschaltung zu zwingen.

Das Problem: Die meisten Betreiber sozialer Nerzwerke bieten noch immer keine ausreichende Vereinbarung nach Art. 26 DSGVO an. Neben den zum Teil nicht umgesetzten Informationspflichten fehlt es auch an Rechtsgrundlagen. Der Betrieb fast aller sozialer Medien/Plattformen, insbesondere der Facebook-Fanpage, erfolgt daher rechtswidrig.

Die Landesdatenschutzbeauftragte aus Nordrhein-Westfalen fordert, dass sich Behörden aus Facebook zurückziehen. Sie sollen “ihre Accounts bei Facebook löschen”. Damit erst gar kein Risiko entsteht, dass Facebook Bürger ausspioniert, Daten abgegriffen und missbraucht werden.

Für den nichtöffentlichen Bereich warnt der Datenschutzbeauftragte aus Bayern davor, dass Fanpage-Betreiber damit rechnen müssen, Adressat von Anordnungen der Aufsichtsbehörden zu werden.

Rechtsanwalt Robert Harzewski