Leitsatz: Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sind Konzerte Aufführungen von Musikstücken, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden.Instrumente können auch Plattenteller, Mischpulte und CD-Player sein, wenn sie nicht nur zum Abspielen von Tonträgern, sondern zum Verfremden und Mischen bestehender Musik dienen.
Gericht: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.08.2005
Aktenzeichen: V R 50/04
Was ist passiert?
Bei einer einmal jährlich stattfindenden Veranstaltung traten ca. 50 Künstler verschiedener Nationen und von internationalem Ruf auf dem Gebiet von Techno- und Housemusik auf. Bei den Künstlern handelte es sich zum größten Teil um DJs, welche mittels sog. Turntables und teilweise auch von DJ-CD-Playern sog. Tracks von mehreren bereits vorhandenen Tonträgern (Schallplatten oder CDs) einspielten und mit Hilfe von Mischpulten die von ihnen ausgewählten Musikstücke individuell unter anderem in Tonhöhe, Geschwindigkeit, durch Ineinanderreihung, Ein- und Ausblenden oder Beifügen von verschiedenen Effekten, z.B. Hall, Echo, etc. mixten. Die Auftritte der DJs dauerten jeweils ca. 1 1/2 Stunden. Daneben traten noch Live-Acts auf, bei denen Musikinstrumente gespielt und teilweise auch gesungen wurde. Diese Auftritte dauerten jeweils ca. 30 Minuten. Die Veranstalterin erfasste die Umsätze mit den Erlösen aus den Kartenverkäufen für die Veranstaltung in ihrer Umsatzsteuererklärung mit dem ermäßigten Steuersatz. Nach dem Umsatzsteuergesetz ermäßigt sich die Steuer auf sieben Prozent für Umsätze aus Eintrittsberechtigungen für Konzerte und vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler. Das Finanzamt unterwarf die Umsätze aber dem allgemeinen Steuersatz, da es sich nicht um eine reines Hörkonzert, sondern eine Tanzveranstaltung mit Partycharakter gehandelt hat.
Entscheidung: Das Gericht entschied, dass sich die künstlerisch bedeutsamen Leistungen der DJs unter dem Begriff des Konzerts fassen lassen.
Unter dem Begriff Konzert nach dem Umsatzsteuergesetz sind Aufführungen von Musikstücken zu verstehen, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden. Aufführende können einzelne oder mehrere Personen sein. Das Konzert muss den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen. Auch Pop- und Rockkonzerte, die den Besuchern die Möglichkeit bieten, zu der im Rahmen des Konzerts dargebotenen Musik zu tanzen, können Konzerte sein. Das bloße Abspielen eines Tonträgers stellt demnach kein Konzert dar. Aufgrund der technischen Entwicklung bedarf der Begriff Instrument einer Präzisierung, damit der Wettbewerb zwischen neuen und bestehenden Musiktechniken sowie Musikrichtungen umsatzsteuerrechtlich nicht behindert wird. Bei Musik, wie Techno und House, können Plattenteller, Mischpulte und CD-Player Instrumente sein, mit denen die Musik im Rahmen eines Konzerts dargeboten wird, wenn sie wie konventionelle Instrumente zum Vortrag des Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden.
Bei den Auftritten der DJs auf der Veranstaltung handelte es sich nicht um ein bloßes Abspielen von Tonträgern, sondern um die Schaffung neuer Musikstücke. Die Erzeugung einer Klangfolge mit eigener Prägung liege auch bei der von den DJs erbrachten Darbietung fremder und/oder eigener Tonträger unter laufender Veränderung der Abspielgeschwindigkeiten (scratchen) sowie der Vermischung verschiedener Tonträger und Medien (mixen) vor. Diese Auftritte und die Live-Acts gaben der Veranstaltung das Gepräge, weshalb das Tanzen hinter der musikalischen Darbietung zurücktrat. Die auftretenden DJs waren zudem international anerkannte Künstler auf dem Gebiet der Techno- und Housemusik, die eine Fangemeinde wie Pop- und Rockstars hatten. Viele der DJs veröffentlichten ihre selbst geschaffenen Werke auf CD und hätten hohe Verkaufszahlen sowie Chartplatzierungen vorzuweisen.