Leitsatz: Für eine einheitliche Veranstaltung sprechen neben der Wahrnehmung der Veranstaltung als Einheit in der Öffentlichkeit insbesondere der einheitliche Name, die ganzheitliche Bewerbung, die Erteilung nur einer ordnungsbehördlichen Genehmigung sowie die Möglichkeit der Besucher der Veranstaltung mit einem Eintrittsticket über die gesamte Dauer beizuwohnen.
Gericht: Bundessozialgericht, Urteil vom 8.10.2014
Aktenzeichen: B 3 KS 6/13 R
Was war passiert?
Ein Country-Westerntanzverein veranstaltete einmal jährlich von Freitagnachmittag bis Sonntag ein sogenannte “Country-Weekend” und eine “Country-Weihnacht”, bei denen vereinsfremde Künstler und Bands gegen Gage auftraten, die aus den Eintrittsgeldern bezahlt wurden.
Die Künstlersozialkasse stellte die Abgabepflicht des Vereins fest und erhob für die Jahre 2001 bis 2004 eine Künstlersozialabgabe in Höhe von 1050,23 Euro.
Eine solche Abgabepflicht des Vereins ist gegeben, wenn dessen wirtschaftlichen Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten. Die Abgabepflicht kann alternativ aber auch dann anzunehmen sein, wenn der Verein mehr als 3 Aufträge an selbständige Künstler erteilt, um deren Leistungen für eigene Zwecke zu nutzen und wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen.
Die Künstlerkasse argumentierte nun, dass die dreitägige Veranstaltung zusammen mit der Country-Weihnacht ca. zwei Drittel der Betriebseinnahmen und –ausgaben verursache, weswegen der wirtschaftliche Zweck auf die Durchführung von Veranstaltungen gerichtet ist. Bei dem Country-Weekend müsse es sich bei rechtlicher Betrachtung um drei Veranstaltungen handeln, da der Kläger an jedem Veranstaltungstag Bands engagiere, durch den Verkauf der Eintrittskarten für einzelne Veranstaltungstage mit den Besuchern jeweils neue Verträge abschließe und dadurch seine Einnahmeerzielungsabsicht jeweils an einzelnen Tagen realisiere.
Entscheidung: Das Bundessozialgericht entschied, dass der Verein kein abgabepflichtiges Unternehmen ist, da sein eigentlicher Zweck in der Brauchtumspflege im speziellen Segment der Country- und Westernkultur liegt. Zwar werden mit den Auftritten der Bands und anderen Künstlern künstlerische Leistungen dargeboten. Diese treten aber selbst während der Veranstaltungen nur neben die Pflege der Country- und Westernkultur. Da mit der Organisation von Veranstaltungen nur geringe Überschüsse erzielt werden, kann hierin nicht der wesentliche Geschäftsinhalt des Vereins gesehen werden.
Da in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt wurden, sprach sich das Gericht auch gegen die alternative Voraussetzung der Abgabepflicht aus. Hierzu stellte es klar, dass sowohl die Country-Weihnacht als auch das Country-Weekend jeweils nur eine Veranstaltung sind. Als Begründung führte es an, dass der Gesetzgeber ausdrücklich an den breit angelegten Begriff der Veranstaltungen angeknüpft habe. Damit hat er in Kauf genommen, dass während einer Veranstaltung möglicherweise mehrere Aufführungen oder Darbietungen unter Beauftragung selbstständiger Künstler durchgeführt werden. Der Begriff der Veranstaltung soll daher möglichst alle Aufführungen und Darbietungen erfassen und dennoch nicht an einen einzelnen Auftrag, sondern die Gesamtveranstaltung anknüpfen.
Bei der Beurteilung, ob es sich um eine oder mehrere Veranstaltungen handelt, ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung erforderlich. Dabei sind auch alle mit der Auftragserteilung verbundene Umstände zu berücksichtigen.
Für eine einheitliche Veranstaltung sprechen neben der Wahrnehmung der Veranstaltung als Einheit in der Öffentlichkeit insbesondere der einheitliche Name, die ganzheitliche Bewerbung, die Erteilung nur einer ordnungsbehördlichen Genehmigung sowie die Möglichkeit der Besucher der Veranstaltung, mit einem Eintrittsticket über die gesamte Dauer beizuwohnen. Im Hinblick auf das betreffende Country-Weekend stellte das Gericht in diesem Zusammenhang fest, dass viele organisatorische Leistungen, wie die Herrichtung des Platzes, der Aufbau von Bühnen, die Bereitstellung von Technik, der Ticket-Verkauf, die Werbung, die Einholung von Genehmigungen und Sicherheitsvorkehrungen etc, nur einmalig anfallen.
Eine Grenze ist aber grundsätzlich bei einer Veranstaltungsreihe zu ziehen, bei der etwa in regelmäßigem Zyklus – z.B. an drei Wochenenden hintereinander – unter einem bestimmten Thema oder Motto ein künstlerisches Programm angeboten wird. Dann ist von mehreren, voneinander abgrenzbaren Veranstaltungen auszugehen. Insoweit bietet die zeitliche Unterbrechung ein geeignetes Abgrenzungskriterium. Das schließt aber nicht aus, dass auch das Angebot einer Großveranstaltung, die sich wie ein Festival über mehrere Tage hinzieht, aus mehreren eigenständigen Veranstaltungen bestehen kann.